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Als die Alten jung waren

Als die Alten junge waren, da wurde auch schon geangelt. Und davor auch schon.
Zwar nicht mit HighTech wie heute, und man musste auch nicht viel Geld - das man eh meist nicht hatte - dafür ausgeben.
Man angelte mit LowTech gewissermaßen. Mit dem Allernötigsten, das man sich oft auch noch selber baute.
Also ich ein Junge war, so um die Konfirmation herum, habe ich mit dem Angeln angefangen. Mein Taschengeld legte ich zunächst so an, dass ich mir in einem Blumenladen einen langen Bambusstock kaufte. So bei zweieinhalb bis drei Meter lang und natürlich gewachsen - mit Spitze. Für eine Rolle reichte das Geld zunächst nicht, also kam ein gleichlanges Stück Angelschnur oben dran. Das Geld reichte noch für einen Korkschwimmer einfachster Art und ein paar blanke Angelhaken. Das Wort "Montage" kannt man damals noch nicht in Anglerkreisen. Es gab auch wenig zu montieren. Wer eine feinfühligere Pose brauchte erwarb sich eine Stachelschweinpose. Eine echte Borste von einem echten Stachelschwein! Die hatte innen Luft drin und deshalb funktionierte sie ganz prima als Pose. Weil sie schlank war zeigte sie selbst die feinsten Bisse gut an.
Stufe zwei meiner Angelausrüstung waren ein paar Messinghülsen. Ich sägte die Bambusrute in der Mitte durch und konnte sie durch die Messinghülsen wieder aneinander stecken. Das war praktisch, weil ich mit dem Fahrrad zur Lesum fuhr. Halb so lang, doppelt so praktisch! Und Stufe drei war eine Bambusrute mit Ringen dran von DAM, damals der Knüller und eine einfache Rolle dazu (siehe Foto rechts). Damit war ich schon der King unter meinen Mitanglern! Mehr gefangen habe ich aber damals auch nicht.
Und die Köder? Regenwürmer. Selbst gesammelt. Nachts mit der Taschenlampe auf feuchten Wiesen oder ausgegraben. Bis meine Eltern es merkten habe ich sie auch mal mit Strom aus der Steckdose aus dem Erdreich gejagt. War aber lebensgefährlich und mit Glück ist nichts passiert dabei. Die 220 Volt liefen nämlich nur durch dünnen Klingeldraht in den Garten. Elektrofischen in der Vorstufe gewissermaßen.
Gut, fette Hechte habe ich damit nicht gefangen, aber viele Weißfische, Barsche und etliche Aale. Oft auch garnichts. Aber das kommt ja heute bei HighTech auch noch vor - wie man hört.
Gesetze, die das Angeln einschränkten waren damals unbekannt. Und der Bremer Stockangelschein war billig. Auch für Schüler und ihr Taschengeld. Und Aale gab es damals satt! Die Bauern hatten sogar Aalforken mit engen Zinken. Die steckten sie einfach in ihre Gräben und hatte oft genug beim Rausholen einen Aal drin festgeklemmt. Wie lange man heute wohl Aalstechen machen müsste, bis man mal einen so fangen würde?! Und was man dann wohl von denen zu hören bekäme, deren Gedanken am liebsten um strengere Naturschutzgesetze kreisen?!
Es war gewiss nicht alles besser früher, aber vieles war einfacher. Schlichter, direkter, und vielleicht deshalb auch befriedigender.
Das wäre noch mal was:
Heute mal ein Gemeinschaftsangeln veranstalten, bei dem alle Teilnehmer genau diese alte Ausrüstung benutzen dürften: Bambusstock, Stachelschweinpose, einfache Haken ohne bereits geknüpftes Vorfach. Und Regenwürmer, selbst gegraben.... Ich wäre dabei!
Holger Gehrke